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Online-Kurzgeschichten
Lesezeit: etwa 3 Minuten
von
Carolin S.

Music-Soulmate

Jeder Mensch besitzt mindestens einen Seelenverwandten auf der Welt. Davon bin ich fest überzeugt.
Ich habe ihn in der Musik gefunden. Casper und ich, wir kenne uns noch nicht lange. Aber wenn er spielt, dann tanzen für mich die Polarlichter am Himmel. Nicht, das ich ich in ihn verliebt wäre oder so. Er wird zwar jeden Tag hübscher, aber mit der Liebe wird das zwischen uns in diesem Leben nichts mehr.
Seine athletische Figur und seine Größe stehen beinahe im Kontrast zu seiner sensiblen Art, mit der er sich in mein Herz spielt. Egal, wie heftig der Tag war, welcher Groll auf meiner Seele liegt – Caspers Melodien klopfen sie weich. Und wenn er dazu singt, ist sowieso alles verloren.
Das war nicht immer so. Weil er sieben Jahre jünger ist als ich, habe ich ihn als blutigen Gitarrenanfänger kennengelernt und ebenso schüchtern war er auch. An Singen war mit seinen zarten vierzehn Jahren damals nicht zu denken. Introvertiert, groß, sehr schlaksig, blond wie der Sahara-Sand und klare, blaue Augen. Seine langen, zarten Finger beherrschten die Barré-Akkorde schon damals einwandfrei und sehr sauber spielt er bis heute. Bedeutend sauberer als ich. Meine Gitarrengriffe sind sehr huddelig. Ich übe einfach zu wenig.
Aber zurück zu Casper. Mittlerweile ist er Mitte zwanzig und längst nicht mehr so introvertiert wie damals.
Wirklich älter als er fühle ich mich mittlerweile auch nicht mehr. Irgendwann scheinen die Altersgrenzen trotz ständig bestehenden Jahren beginnen, zu schwimmen.
"Ihr müsst das jetzt über euch ergehen lassen", kündigt Casper beim Ostergrillen im kleinen Grüppchen eine Performance an. Er holt die Gitarre und den Notenständer aus dem Haus und legt los. Einfach so. Rattert Songs von den Ärzten rauf und runter, wahrscheinlich alle vom Index, und schlägt mir ein Grinsen ins Gesicht, das wie gemeißelt ungefähr eine halbe Stunde anhält.
Wie gern würde ich wieder mit ihm Musik machen! Einfach Jammen.
Und das tun wir eine halbe Stunde später.
Ich beginne mit einer Akkordfolge und Casper fädelt ein Solo ein – zauberhaft. Meine Seele wird wabbelig weich wie Wolkenschleim. Wir schauen uns nicht mal an, als wir den Song gemeinsam beenden.
Ist das Musik-Seelenverwandschaft?
Ich glaube, ja.