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Online-Kurzgeschichten
Lesezeit: etwa 3 Minuten
von
Carolin S.

Hochwürden Pastor Pfarrer

"Wir leben in einer krassen Welt. Werden jeden Tag bombardiert von heftigen Nachrichten und Social Media zwingt uns, up to Date zu bleiben."
Starke Worte für einen Pastor, der mit seiner Weihnachtspredigt den Mainstream bedienen muss und auch die überwiegend anwesende Generation 75 Puls empathisch zu erreichen versucht.
Ich bin zwar getauft, konfirmiert und mit Gute-Nacht-Gebet aufgewachsen, habe auch den Kinderchor und die Jungschar besucht, aber der spirituelle und religiöse Zugang fehlte mir aufgrund unseres damals mir nicht ganz so sympathischen Pastors. Er wirkte auf mich und meine Freunde ein wenig weltfremd, was nicht zuletzt an seiner fisteligen Stimme lag.
Filme wie "Don Camillo und Peppone" glichen dieses Manko in meiner Kindheit aus, doch jetzt – fünfzehn Jahre später – habe ich das Bedürfnis, mit Jemanden zu Quatschen, ohne eine psychotherapeutische Arztpraxis oder einen Beichtstuhl betreten zu müssen. Und dieser Mann da vorne auf der Kanzel soll es sein. Er versteht es hervorragend, dem Zeitgeist und der Liturgie gerecht zu werden und zu vereinen.
Das letzte Gespräch über Gott hatte ich mit einem Kollegen in einem Kölner Industriegebiet im Filmproduktionsbüro an einem heißen Sommertag.
"Glaubst du an Gott?" fragte er mich.
Ich musste erst mal nachdenken.
Ist es wirklich Gott, an den ich glaube oder eine höhere Macht im Universum?
Ich denke, es wir wirklich Gott. Warum verleugne ich es? Weil ich früher dafür ausgelacht wurde? Weil es im Teenager-Alter als uncool galt, religiös und christlich zu sein?
Mein Arbeitskollege war eine der lässigsten Socken, der ich bisher begegnet war und trotzdem – als sei es ein Widerspruch – Mitglied beim CVJM.
Was unser Pastor wohl sagen würde, wenn ich ihm erzähle, dass ich innerhalb von zwei Monaten die Bibel komplett von vorne bis hinten durchgelesen habe?
Neulich traf ich ihm im Supermarkt und erzählte es ihm. Und tatsächlich, sein Respekt wurde mir gezollt! Ein schönes Gefühl! Die Sahnehaube auf dem ohnehin für mich recht anspruchsvollen Projekt, die Krimi-ähnliche Bibel zu verstehen.
Und jetzt sitzt er hier in meinem Wohnzimmer bei Tee und Kaffee und bringt mich zurück in die Spur: "Sie müssen groß denken!"
Jeder ist sich selbst der Nächste?
Ich arbeite, dran, Pastor Pfarrer. Ich tu"s.