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Online-Kurzgeschichten
Lesezeit: etwa 3 Minuten
von
Carolin S.

Ab heute finde ich mich gut

Ich habe beschlossen: Ab heute finde ich mich gut.
Warum? Weil ich es Leid bin, mich selbst Leid zu sein.
Wann fing der ganze Spuk eigentlich an?
Als ich eingeschult wurde, spielte mein Kumpel aus dem Kindergarten plötzlich nur noch mit den anderen Jungs und auch in der Klasse drehte sich alles um die beiden blonden Zwillingsmädchen, die mit ihren Perlenkettchen und rosa Haarschleifen die Augen der Welt auf sich zogen.
Glücklicherweise fand ich in Katinka eine neue Freundin, doch ihre Launen entschieden täglich über meinen Status. Heute war ich angesagt, morgen dann nicht mehr. Vielleicht übermorgen wieder. Das war ganz schön anstrengend und ich fragte mich ständig, was ich falsch gemacht habe. Ich konnte mich nicht erinnern, sie geärgert zu haben oder mit ihr böse gewesen zu sein.
So variierte mein tägliches Ranking und mit ihm mein Selbstwertgefühl.
In der höheren Schule ging das dann so weiter. Klamotten, Schuhe, Haarfarbe – wer nicht mit dem Trend ging, landete auf der Ersatzbank. Anstrengend war auch das! Und irgendwann war ich es Leid. Wer soll da durchblicken?
Ich tat nur noch das, was mir gefällt. Dauerwelle, selbst-kreierte Shirts und Indie-Rock – mir war egal, was meine Mitschüler von mir dachten.
Natürlich macht ein Nischenleben manchmal sehr einsam, aber es stand die Entscheidung im Raum: Entweder gehe ich Mainstream und werde geliebt oder ich gehe in meine Ecke und werde ausgeschlossen.
Glücklich macht beides nicht. Aber der Kampf um Anerkennung war mir dauerhaft zu kräftezehrend.
Mit meinen 25 Jahren weiß ich heute: Gelästert wird überall. Man kann es nicht jedem Menschen Recht machen.
Wird man von den einen gemocht, wird man dafür von den anderen gehasst.
Doch eine Frage kann ich mir immer noch nicht beantworten: Woher kommt die Angst davor, gehasst zu werden? Bringt Hass mich um?
Die Antwort liegt in den Gefühlen der Kindheit. Ein Kind kann Einsamkeit nicht ertragen. Es würde über kurz oder lang eingehen. Daraus entsteht eine existenzielle Angst, also eine Todesangst. Und die macht abhängig. Plötzlich verbiegt man sich, möchte hübsch, clever und intelligent genug sein, um bloß nicht im Abseits zu stehen und um zu überleben.
Mobbing wirkt wie ein Todesurteil, und obwohl ich ein empathischer Mensch bin, konnte ich mir so eine Bösartigkeit nicht erklären.
Heute weiß ich: Mobbing entsteht aus einer Unstimmigkeit in der Gruppe. Es liegt also nicht an mir. Diese Menschen, die ich mobben, versuchen irgendetwas zu kompensieren und machen mich deshalb fertig.
Also finde ich mich jetzt einfach mal okay. Denn ich weiß: Individualismus siegt!