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Online-Kurzgeschichten
Lesezeit: etwa 3 Minuten
von
Carolin S.

Surfen auf Sylt

Ich bin eine Wasserratte auf dem Land, denn ich liebe das Meer. Wellenrauschen, Salzluft, Wind im Haar und auch die unschönen Dinge wie Sandkörner in den Augen bei stürmischen Dünen-Spaziergängen, der abendliche Kampf zwischen Haarbürste und Knoten im Haar, der Gegenwind auf dem Fahrrad, der einem das Gefühl gibt, zu Fuß schneller zu sein – all das gehört für mich zum Meeresurlaub dazu.
Fünf Jahre lang war ich nicht mehr am Meer. Heftige Entzugserscheinungen lassen mich also an der Zugfensterscheibe kleben, als der Bahndamm unter den Zuggleisen die einzige Verbindung zum Festland zu sein scheint und mir das Gefühl gibt, als würde der Zug über das Meer fahren. Links und rechts nichts als Meer und Watt!
Tiiieeef Durchatmen! Als könne ich die Meeresluft riechen.
Dass es leider nur wenig Sauerstoff des schlecht gelüfteten Zugabteils ist, interessiert jetzt nicht weiter, denn mein Herz springt Trampolin.
Oktober, halb sechs, gleich wird"s dunkel, aber ich muss einfach noch an den Strand. Klappt auch. Und auch so manch ein Surfer scheint das Saison-Ende nicht realisieren zu wollen. Verständlich. Und dennoch: Respekt. Denn bei dieser Kälte würde mir der Neoprenanzug nicht reichen.
Ob es wohl schwer ist, Surfen zu lernen?
Tagelang beschäftigt mich diese Frage.
Dann überkommt mich der Mut. Bei einem Spätnachmittagsspaziergang am Strand watschele ich auf einen Surfer zu, der tropfend aus dem Wasser watet, sein Board neben sich stellt und gemeinsam mit ihm zufrieden auf den Horizont blickt.
"Tschuldigung? Kann ich Sie mal was fragen? Ist es eigentlich schwer, surfen zu lernen?"
Dass diese Frage ebenso intelligent klingen muss wie "Ist es eigentlich schwer, lesen schreiben rechnen Fußball spielen zu lernen" – schwer ist nun mal subjektiv einzuordnen, oder nicht? – das ignoriere ich jetzt.
"Einfach mal ausprobieren."
Hmh. Lustig. Dazu braucht man ein Brett, einen Anzug, vielleicht einen Lehrer, ein bisschen Mut und verdammt nochmal bessere Wetterbedingungen. Oder nicht?
Klugscheißer. War ich schon immer. Warum frage ich eigentlich, wenn ich es besser weiß?
Lauter Befürchtungen und negative Erwartungen, vor allen Dingen habe ich aber eins: Schiss! Oder eleganter ausgedrückt: Respekt.
"Versuch es einfach mal!"
"Okay", bedanke ich mich. Würde ich ja gerne. Aber – vielleicht doch lieber in der nächsten Saison.